12. 09. Der Tag beginnt nicht unbedingt nach meinen Vorstellungen. Liesel reist heute nach Hause, ich habe sie verpasst. Dafuer habe ich Zeit fuers Internet. Schade es ist eine Panne im Hause und Internet funktioniert nicht. Dann halt packen und nun Fruehstueck. Hier treffe ich Andrea, der Aufsteller des Tages. Sie war mir eine so grosse Hilfe hier. Nun gilt es auch von ihr Abschied zu nehmen. So hart ist der Camino immer wieder. Du lernst nette, liebe Menschen kennen aber die Bekanntschaft ist meistens nur von kurzer Dauer. In Santiago habe ich es sehr schwer gehabt, allen die mir geholfen haben, hier noch einmal ein ganz herzliches Dankeschoen. Ich konnte eure Hilfe und Unterstuezung sehr gut gebrauchen.
Um 9 Uhr mache ich mich auf den Weg Richtung Finisterre. Die ersten 10 km sind ganz in Ordnung. Ich goenne mir eine Pause und das ist nicht gut fuer mich. Ich laufe in die falsche Richtung los, und so beginnt ein sehr langer Tag fuer mich. Geplant sind fuer heute nur ca 22 km das reicht fuer den ersten Tag nach der Pause. Im Wald treffe ich endlich einen Wanderer und er erklaert mir, dass ich ca 17 km zu weit suedlich unterwegs bin. Ich war so stolz, ganz alleine habe ich in Santiago eine SIM Karte gekauft und installieren lassen. Heute nervt sie mich gewalltig. Dauernd pibst das Telefon und endlich ist es still, dafuer ist die Karte nun gesperrt. Ich muss bis Santiago warten, um den Grund fuer die Sperrung zu erfahren, und die Karte zu entsperren. Ich habe heute Bericht von Liesel und Andrea erwartet, ich hoffe sie sind gut an ihren Zielen angekommen. Nun das Leben geht weiter auch ohne Natelverbindung. Zurueck zu meinem Weg, ich muss an einer Autostrasse entlang 13 km Richtung Norden gehen und werde dort wieder auf meinen Weg treffen. Kaum zu glauben, nach mehrmaligem Fragen gehe ich nun oberhalb dieser Stadt wieder der Autostrasse entlang in der Hoffnung dass es jetzt stimmt. Kein Mensch weit und breit, der mir den Weg bestaetigen koennte, und nie kommt eine der Ortschaften die in meinem Reisefuehrer vermerkt ist. Endlich eine Frau auf einer Terasse sie schuettelt nur den Kopf und ich vermute dass ich wieder falsch bin. Kurz darauf endlich eine Bar und dort kann ich nachfragen. Es ist so, ich bin nun viel zu weit noerdlich. Ich lasse mir den Weg aufzeichnen und gehe weiter. Zuerst ca 5 km suedlich und dann 3 km Richtung Osten, ich bin doch noch nicht auf dem Rueckweg, ich will doch nach Westen. So finde ich wenigstens kurz nach 19 Uhr den ersten gelben Pfeil. Ich bin auf dem Weg. 2 Min. spaeter stehe ich vor der Herberge, ich bin am Ende meiner Etappe und auch meiner Kraft.
13. 09. Es kann ja nur besser werden. Ich starte um 8 Uhr und komme gut voran. Ich muss ja nur den gelben Pfeilen folgen und der Weg findet sich fast von selbst, so einfach ist das.
Unterwegs erfahre ich mehr ueber die Strecke nach Muxia und ich entschliesse mich zuerst dorthin zu wandern. Anschliessend erst nach Finisterra. In Dumbria finde ich ein Hotelzimmer, teuer aber ich kann nicht mehr weiter.
14. 09. Es zieht mich schon frueh weiter, ich will endlich den Atlantic sehen. Auf diesem Weg hat es fast keine Pilger. Ich geniesse diese Einsamkeit und Ruhe und ploetzlich komme ich aus dem Wald
und da ist er vor mir, der Atlantic. In einer einsamen Bucht finde ich diesen Strand fuer mich ganz alleine. Da steht er, der Pilger Johann im Atlantic, soo schoen !!!!!!!!
Bald ist nun Muxia erreicht, die Pilgerherberge steht direkt am Wegesrand und schnell bin ich mein Gepaeck los. Ohne Balast gehe ich zum Heiligtum von Muxia das dann aber leider geschlossen ist.
Aber die ganze Anlage alleine lohnt diesen Fussmarsch. Zurueck in der Herberge moechte ich Nachtessen kochen. Siehe da, 2 Polinen haben zuviel gekocht und so kann ich mit ihnen teilen, respektieve sie mit mir. Mein Risottopaket schenke ich ihnen fuer den naechsten Tag. Bei einem sehr guten Glas Wein geniessen wir den Abend. Der Johann spricht mit ihnen in Englisch, obwohl er das doch gar nicht kann.
15. 09. Genau 4 Monate bin ich nun unterwegs, ich habe das Gefuehl schon eine Ewigkeit. Bei leichter Daemmerung ziehe ich los Richtung Finisterre meinem naechsten Ziel. Wieder bin ich ganz alleine unterwegs und hoere die Brandung des Atlantics, fuer einen Alpoehi schon sehr speziell. Fuer die heutigen 32 km gibt es nur eine Bar, also einteilen gilt . Es geht, hungrig und durstig erreiche ich um 15 Uhr mein Ziel. Hier will ich ausruhen und suche mir fuer die 3 Naechte eine guenstige Unterkunft. Die habe ich gefunden, nun geniesse ich das Meer, das Nichtstun und ein Bier. Nicht lange waehrt meine Rast, ich will heute noch zum Kap, gute 3 km zu Fuss. Gegen 7 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Leuchtturm. Ich erlebe hier einen wunderschoenen Abend, ganz alleine sitze ich hier auf einem Felsen. Pic Nic habe ich mitgebracht und auch ein feiner Rioja darf nicht fehlen.
Natuerlich verbrenne ich auch ein Kleidungsstueck so wie es ein alter Pilgerbrauch will. Um 21 ist das Spektakel vorbei und die Sonne hat sich verabschiedet. Ich bleibe noch, studiere und denke an zu Hause. Um 23 Uhr gehe ich still und nachdenklich zurueck zum Hotel und freue mich in einem guten Bett schlafen zu koennen.
16. 09. Zum Glueck erwache ich noch rechtzeitig und sehe aus meinem Zimmerfenster diese tolle Morgenstimmung.
Kurze Zeit spaeter ist es ein ganz normaler Sonntagmorgen. Ich spaziere durch den Hafen und das Staedtchen bis ich hungrig bin. In der Piratenbar werde ich fuerstlich bedient.
Das alles ist essbar und der Johann geniesst es auch wenn er nicht weiss was er alles isst. Das Wetter wird immer schlechter und um 4 Uhr ist alles im Nebel. Gut war ich gestern noch am Kap, heute gibt es keinen Sonnenuntergang zu bestaunen. Ich treffe Manuela eine Schweizerin die sehnlichst Mundart vermisst. Wir holen das nach. Wir geniessen den Abend in der Piratenbar. Die Wirtin will Feierabend und so stellt sie uns kurzerhand eine Flasche Wein gratis auf den Tisch, bringt noch Kerzenlicht und verabschiedet sich.
17. 09. Heute beginnt mein Rueckweg. Ich habe mich entschlossen nur 2 Naechte hier zu bleiben und dafuer den Weg nach Santiago wieder zu Fuss zu gehen, nicht mit dem Bus denn ich fuehle mich immernoch als Pilger. Am fruehen Morgen laufe ich bei halbdunkel ueber den ganzen Strand zum Ausgangspunkt des Weges. Ueber Huegel und Weidelandschaft lege ich 34 km zurueck. Die Herberge ist schon um 17 Uhr voll belegt, ich war schon um 16 Uhr hier und habe mein Bett, ich darf also bleiben.
18. 09. Heute kenne ich einen Teil meines Weges, wenigstens dort wo ich mich am Hinweg nicht verlaufen habe. Jetzt geht es gut, einen grossen Teil des Weges gehe ich mit Pierre Andre, ein Schweizer den ich in Finisterra kennen gelernt habe. Er kennt von der Hinreise her die Herberge und wir uebernachten in dieser sehr schoenen Unterkunft, wo auch Graubuendner Dialekt gesprochen wird. Morgen sind es dann nur noch 22 km bis Santiago.
19. 09. Wir gehen wieder gemeinsam, so verlaufe ich mich wenigstens nicht mehr. Um 1 Uhr stehen wir vor der Kathedrale und es ist einfach wieder umwerfend diese Menschen, diese Freude und dieses Gefuehl zu erleben. Ich bin angekommen. Bis jetzt habe ich es in Spanien noch nie bis zu einer Paelea gebracht. Mein Begleiter kennt ein gutes Lokal und wir beschliessen unseren gemeinsamen Weg dort zu beenden. Mein Zimmer habe ich vor der Abreise gebucht, so stehe ich kurze Zeit spaeter in der Dusche. Um 14.30 treffen wir uns und gehen gemeinsam Paelea geniessen.
Jeder hat nun seine Besorgungen zu taetigen und wir vereinbaren um 18 Uhr einen Treffpunkt, an welchem auch Manuela dabei sein wird. Ich erwarte mein Paket aus der Schweiz, leider ist es noch nicht eingetroffen. Meine SIM Karte kann ich endlich auch entsperren lasssen, leider sind auch hier keine Nachrichten oder Anrufe angekommen. Um 18 Uhr treffen wir uns und gehen ein letztes Mal in die Tapas Bar um eine Kleinigkeit zu essen. Bei einer Flasche Wein in einer gemuetlichen Bar lassen wir unsere gemeinsame Zeit ausklingen. Der Abschied ist endguelltig, ab morgen hat jeder von uns seinen eigenen Weg weiter zu gehen.
Mit frohem Pilgergruss Ultreia Pilger Johann in Santiago