03. 10. Den Weg aus der Stadt habe ich gestern gesucht. So ist es heute ein leichtes meinen Weg anzugehen. Doch schon kurz nach der Stadt finde ich keine blauen Pfeile mehr. Auch keine Indianer die mir ihre Pfeile ausleihen koennten. Ich kann mich aber durchfragen und gehe guten Mutes weiter. Nach ca 2 Std. habe ich keine Ahnung mehr wo ich mich befinde. Der Hauptstrasse entlang gehend hoffe ich im naechsten Ort einen Ausweg zu finden. Ich sehe mich schon im Bus sitzen und so wieder in der richtigen Richtung unterwegs zu sein. Wie ich so auf die Ortschaft zugehe, ich weiss nicht wie und woher, es hat ploetzlich wieder blaue und gelbe Pfeile. Ich bin auf dem rechten Weg. Den werde ich nicht so schnell wieder verlieren, hoffe ich zu diesem Zeitpunkt noch. Am Nachmittag geht es durch den Wald und ich finde wieder nicht mehr weiter. Ich gehe zurueck und weiss nicht mehr von welcher Strasse ich hergekommen bin, alles sieht genau gleich aus. Ist das Alzheimer ???? Ich gehe nach Gefuehl Richtung Sueden und hoffe auf das Ende des Waldes. Einmal geht es unheimlich steil hinunter, waere moeglich mein Ziel liegt tiefer wie ich jetzt sein muesste. Ich bin total verzweifelt, frustriert, entteuscht und demoralisiert. Wie ich so auf einem Stein sitze und grueble hoere ich ploetzlich von ferne Motorengeraeusch. Irgendwo muss eine Strasse sein, ich muss nur diese finden. Ich gehe weiter und der Laerm nimmt zu, ich finde sicher eine Strasse, dann bin ich wieder zurueck in der Zivilisation. 300 m vor dem Waldesende, ich kann es fast nicht glauben, es sind meine Pfeile die ich so gesucht habe. Eine halbe Std. spaeter bin ich in der Unterkunft, die ist teuer aber egal ich brauche ein Bett und etwas anstaendiges zu essen.
04. 10. Gut ausgeruht starte ich hoffnungsvoll in den neuen Tag. Leider dauert es nicht lange und ich weiss schon wieder nicht mehr wo ich bin. Zum Glueck ist es nicht allzuschlimm ich kann ueber Querstrassen wieder auf den Weg finden. Es hat aber sehr viel Verkehr und die Portugiesen sind nicht gerade Ruecksichtsvoll gegenueber Fussgaengern. Heute treffe ich einmal 3 Franzosen die den Weg von Lissabon nach Santiago gehen, sonst habe ich noch keine Pilger angetroffen. Ist ja auch kein Wunder wenn ich die halbe Zeit auf Umwegen herum irre. Meine Moral ist auf dem Tiefpunkt ich weiss nicht wie lange ich noch durchhalten werde. Ich hoere diese Sprache sehr ungern, die Landschaft ist oft trostlos und die spontane Gastfreundschaft der Portugiesen habe ich noch nicht erlebt. Tief in Gedanken versunken immer wieder den Weg suchend komme ich doch in Albergaria A-Velha an. Gut ist wieder ein Tag vorbei und ich bin 30 km naeher an Fatima.
05. 10. Geplant ist heute nur eine Tagesetappe von 16 km. So gehe ich nicht allzufrueh auf den Weg, heute geht es recht gut. An einer grossen Kreuzung ueberquere ich die Autostrasse, mein Weg geht ueber eine alte Roemerbruecke. Ein Schild ist aufgestellt, allgemeines Fahrverbot. Geht mich nichts an ich bin ja Fusspilger. Ein Mann ruft mir zu und kommt daher. Er gibt mir zu verstehen, dass diese Bruecke eingestuerzt ist und ich auch nicht hier weiter kann. Ich bin froh um diesen Hinweis, so kann ich 5 km einsparen.
Meines Erachtens duerfte darauf hingewiesen werden, dass auch Fussgaenger nicht passieren koennen. Die Symphatie zu Portugal ist damit nicht unbedingt gewachsen. In Agueda meinem Etappenziel entschliesse ich mich weiter zu laufen und die morgige Etappe aufzuteilen. So kann ich einen Tag einsparen und bin schneller durch Portugal durch. Nach 17 km ist die naechste Unterkunft, diese strebe ich nun an. Auch heute sind wieder viele kleine und groessere Umwege mein Schicksal. In Anadia erschrecke ich ueber das Hotel das hier steht und meine Unterkunft sein soll. Riesengross, neu und wahrscheinlich sehr teuer. Schlussendlich geht es, 40 € fuer eine Nacht, ich brauche ein Bett und morgen habe ich ja Geburtstag.
06. 10. Gestaerkt und ausgeruht gehe ich in den Morgen. Schon kurz nach dem Start ruft mich Nadine an um zu gratulieren. Ich bin gerade dabei an einer Kreuzung den rechten Weg zu suchen. Sie schlaegt mir vor, den Bus zu nehmen und mich nicht zu aergern, denkste mein Wille siegt. Es ist oft zum Verzweifeln da fehlen einfach die Pfeile, die Ortschaften sind auch nicht mit Wegweisern signalisiert und die Strassen haben keine Nummern oder sind nicht damit angeschrieben. Per Zufall habe ich heute die richtige Wahl getroffen. Heute verlaufe ich mich den ganzen Tag nicht einmal, so ist pilgern sehr schoen. Einzig der Weg durch Coimbra dauert ewig, viele zerfallene Industriegebaeude und trostlose Vororte. Ich habe es geschafft, im Centrum finde ich eine guenstige Pension. Mein Geburtstagabendessen schmeckt auch wieder einmal ausgezeichnet. Meine Laune hat sich wieder ein wenig aufgeheitert.
07. 10. 30 km sind heute Programm, keine Zeit fuer Umwege. Bis 1 Uhr geht alles bestens, dann werde ich aber wieder einmal in die falsche Richtung geschickt. Eine Stunde fehlgelaufen und viel Frust ist wieder mit dabei. Kurz darauf stehe ich wieder vor einem Fahrverbot und weiss nicht ob das jetzt auch fuer Fussgaenger gilt. Es haette gegolten. Ich stehe vor einer Bruecke im Rohbau.
Ueber die verlegten Eisenbetonstreben gehe ich ueber diese Bruecke, danach geht der Weg weiter wie wenn nichts gewesen waere. In der Gegenrichtung sehe ich nach ca 2 km ist klar beschildert dass die Umleitung auch fuer den Jakobsweg gilt. Nun gut die Bruecke hat gehaltenund ich bin weiter. In Rabacal finde ich eine sehr schoene Herberge vor.
08. 10. Heute gehe ich auf Nummer sicher. Der vorgeschlagene Weg im Buechlein sieht mir ziemlich komisch aus. Ich gehe auf der Hauptstrasse und werde nach dem Fruehstueckshalt auf den markierten Weg gehen. Es geht super beim Halt habe ich 30 Min. Vorsprung auf meinen Marschplan. Habe ich gemeint. Mein Halt fiel ein Dorf zu frueh aus, also war ich 3 km weniger weit wie erwartet. Kein Vorsprung aber wenigstens alles richtig. Ich bin zufrieden mit meiner Wegwahl und komme gut voran. In Ansiao verpasse ich die letzte Bar und so muss ich noch einmal 12 km weiter ohne Pause. Total 20 km ohne Halt ist ziemlich lange. Zudem verlaufe ich mich wieder und komme an der naechsten Bar auch nicht vorbei. Auf der Hauptstrasse erreiche ich dann endlich doch noch Alvaiazere hungrig und durstig aber doch gluecklich da zu sein.
09. 10. Heute gibt es einen Spaziergang. Es sind nur noch 25 km bis Fatima. Da ich nicht mehr auf dem Weg Richtung Lisssabon gehe, verlasse ich auch die blauen Pfeile. Ich nehme die Hauptstrasse, das erscheint mir als die sicherste Variante den Weg zu finden. Kurz nach dem Start bin ich am Ortsausgang und im Kreisel ist bereits Fatima angeschrieben. Schoen, so finde ich den Weg bestimmt. Aber leider nicht fuer lange, schon an der naechsten Kreuzunbg sind nur noch Firmentafeln und keine Ortschaften mehr. Ich finde auch keine Strassennummer, so gehe ich suedlich weiter. Spaeter merke ich, ich bin zu weit westlich. Da ist es nun wieder, ich gehe im Zick Zack einmal oestlich, wieder suedlich ploetzlich geht der Weg dann halt doch wieder westlich. Es ist Mittag, seit 4 Std. bin ich unterwegs also ca 16 km gelaufen, es kann ja nicht mehr so weit sein. Eine Strassenfegerin frage ich nach dem Weg. Alles geradeaus, es sind nur noch 28 km. Hoffentlich habe ich das mit den km nicht richtig verstanden. An der naechsten Kreuzung merke ich dass nicht alles stimmen kann. Geradeaus gibt es nicht. Links oder rechts, diesmal nehme ich rechts und das ist gut so. Um 5 Uhr habe ich Hunger und Durst bis jetzt habe ich erst eine Rast gemacht etwas getrunken und 2 Stueck Kuchen gegessen. Eine Pizzeria hat geoeffnet und hier erhalte ich fertige Pizza die aufgewaermt wird. Fatima ist immer noch nicht in Sicht, aber hier wenigstens einmal angeschrieben. Wie weit ist es noch bis Fatima, ca 12 km, also nocheinmal 3 Std. Ich hadere ob ich das noch schaffe, ich leide ganz boese und f... nein natuerlich nicht als Pilger gehoert sich das nicht. Ich finde endlich Fatima vor mir. Kurz vor 8 Uhr stehe ich gluecklich und stolz vor der Basilika. Ueberwaelltigt es doch noch geschafft zu haben ohne einen Bus oder ein Taxi zu betreten.
Die Zimmersuche ist kurz, schon in der ersten Pension ist ein Bett frei und das nehme ich dankbar an. Zuerst gibt es jetzt ein, zwei Bier und ein Sandwichs. Noch kurz duschen, kurz darauf schlaeft der muede Pilger Johann seinen seligen Schlaf.
Mit frohem Pilgergruss Ultreia Pilger Johann.
Lieber Johann,
AntwortenLöschenNa, hat dich kurz der Pilgerkoller erfasst?? Kopf hoch, es wird schon wieder. Morgen sieht die Welt ganz anders aus.
Ich wünsche die erneut frohen Mut und echte
"Aufsteller" auf deinen weiteren Fussmärschen.
Liebe Grüsse, deine Schwester Theres